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CHRONISCHE MYELOISCHE LEUKÄMIE

Leukämiezellen im peripheren Blutabstrich, https:// www.gettyimages.de/detail/foto/leukemia-cells-lizenzfreies-bild/612502820, letzter Aufruf 08/2023.

WAS IST EINE CHRONISCHE MYELOISCHE LEUKÄMIE (CML)?

Die CML ist eine bösartige Erkrankung der blutbildenden Zellen des Knochenmarks. Bei ihr vermehren sich Vorläuferzellen weißer Blutkörperchen (Leukozyten) unkontrolliert und sind somit im Übermaß in Blut und Knochenmark vorhanden. Das Besondere an der CML ist, dass die Ursache in einer ganz bestimmten genetischen Veränderung liegt. Dabei sind zwei Gene fälschlicherweise miteinander fusioniert. Eventuell sind Sie auch schon dem Begriff „Philadelphia-Chromosom“ begegnet. Bei diesem handelt es sich um das durch die Fusion von ABL und BCR stark verkürzte Chromosom 22.

Das so neu entstandene Fusionsgen produziert ein Eiweiß, eine Tyrosinkinase, das normalerweise nicht im Organismus vorkommt. Es ist sehr aktiv und greift in die Regulation des Zellwachstums und der Zellteilung ein. Der Körper kann diese Vorgänge nicht stoppen – unkontrolliertes Zellwachstum ist die Folge. Das Chromosom 22 kann in den meisten CML-Fällen mikroskopisch nachgewiesen werden. Im Bild unten sehen Sie, wie es zustande kommt.

SO ENTSTEHT DAS PHILADELPHIA-CHROMOSOM

Abbildung adaptiert nach Trela et.al, ISRN Oncology, Volume 2014, Article ID 596483, https://doi.org/10.1155/2014/596483.
Abbildung adaptiert nach Trela et.al, ISRN Oncology, Volume 2014, Article ID 596483, https://doi.org/10.1155/2014/596483.

Die positive Nachricht ist: Diese überaktive Tyrosinkinase kann sehr gezielt gehemmt werden. Die CML ist dadurch zwar nicht heilbar, aber das Zellwachstum kann so gut unter Kontrolle gehalten werden, dass ein chronischer Verlauf und ein Leben mit der Erkrankung möglich ist.

Übrigens: Die CML-auslösende Genveränderung wird im Laufe des Lebens erworben und ist somit nicht erblich. Was genau die Entartung der Blutstammzellen verursacht, bleibt meist unklar.

WIE HÄUFIG IST DIE CML?

Es erkranken jährlich 1 bis 2 Menschen von 100.000 an einer CML. Diese macht damit 13 Prozent aller Leukämiefälle aus. Dabei sind etwas mehr Männer als Frauen betroffen und die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 55 bis 60 Jahren.

WIE MACHT SICH DIE CML BEMERKBAR?

Die Symptome der CML sind unspezifisch und treten meist schleichend erst im späteren Verlauf auf. Zu ihnen gehören unter anderem:

Abgeschlagenheit
Knochenschmerzen
Müdigkeit
Blaue Flecken oder kleine Blutungen
Appetitlosigkeit
Nachtschweiß
Gewichtsverlust
Vergrößerte Milz

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet zwei Phasen der Erkrankung. Beide sind durch eine unterschiedlich stark ausgeprägte Symptomatik gekennzeichnet:

  • In der chronischen Phase schreitet die Erkrankung nur langsam voran und ist meist beschwerdefrei.
  • In der Blastenphase steigt die Zahl unreifer Vorläuferzellen, sogenannter Blastenzellen, im Knochenmark und Blut rasch an. Es kann zu einer Blastenkrise kommen. Die große Anzahl funktionsuntüchtiger Blastenzellen behindert die Bildung normaler Blutzellen. Der allgemeine Gesundheitszustand ist in dieser Phase zunehmend beeinträchtigt. Zudem kann es auch zu weiteren Gendefekten kommen.

WIE WIRD EINE CML DIAGNOSTIZIERT?

In Europa wird in 50 % der Fälle die CML zufällig entdeckt. Oft fällt hierbei zum Beispiel bei einer Routine-Blutuntersuchung eine hohe Zahl weißer Blutzellen auf.

Entscheidend für die Diagnose ist der Nachweis des Philadelphia-Chromosoms beziehungsweise der BCR-ABL-Fusion in Blut- und Knochenmarkzellen.

Mehr als 97 Prozent der CML-Fälle befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnose in der chronischen Phase und sind somit gut therapierbar.

WELCHE THERAPIEOPTIONEN GIBT ES?

Zur Behandlung der Erkrankung stehen inzwischen verschiedene Therapieoptionen zu Verfügung:

  • Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI)
  • Chemotherapie
  • Interferon
  • Allogene Stammzelltransplantation
  • Teilnahme an klinischen Studien

Die Standardtherapie bei der CML sind Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI), die das überaktive BCR-ABL-Fusionsprotein hemmen und so die Zellvermehrung stoppen. Mittlerweile stehen mehrere TKI mit unterschiedlichen Eigenschaften zur Verfügung. Eine mit mehr Nebenwirkungen verbundene Chemotherapie wird heutzutage allenfalls noch kurzfristig verabreicht. Etwa wenn eine sehr hohe Zahl weißer Blutkörperchen im Blut vor Beginn der TKI-Therapie zunächst zurückgedrängt werden muss.

Bei der Wahl einer für Sie geeigneten Therapie wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt folgende Fragen berücksichtigen:

  • Welche Vorerkrankungen haben Sie?
  • Wie ist das Nebenwirkungsspektrum der Therapie?
  • Was sind Ihre Wünsche und Pläne?

WAS SOLL MIT DER THERAPIE ERREICHT WERDEN?

Das Ziel der TKI-Behandlung ist die langfristige Krankheitskontrolle bei guter Lebensqualität. Wenn die TKI-Therapie gut wirksam ist, entspricht die Lebenserwartung von Menschen mit CML heutzutage der von gesunden Menschen.

Bei optimalem Ansprechen kann unter bestimmten Voraussetzungen und frühestens nach 5 Jahren ein Absetzen der Therapie erwogen werden. Dies darf aber nur nach ärztlicher Absprache erfolgen und wird von engmaschigen Kontrolluntersuchungen begleitet, um einen Rückfall zu vermeiden.

Wichtig: Setzen Sie niemals eigenmächtig Ihre Medikation ab. Es droht dann ein Rückfall oder es können Resistenzen gegenüber den Medikamenten entstehen.

Zusatz: Bitte besprechen Sie auftretende Nebenwirkungen/wiederkehrende Symptome immer mit Ihrem behandelnden Arzt/Ihrer behandelnden Ärztin.

WAS PASSIERT, WENN DIE KRANKHEIT FORTSCHREITET ODER ICH DAS MEDIKAMENT NICHT VERTRAGE?

Wenn die TKI-Therapie nicht anschlägt oder die Wirkung nachlässt, ist es sinnvoll eine Untersuchung hinsichtlich neu aufgetretener Mutationen vorzunehmen. Diese können ursächlich für einen Verlust des Therapieansprechens sein und erfordern eine Anpassung der Medikation.

Falls Nebenwirkungen auftreten, die die Lebensqualität in nicht tolerierbarem Maße beeinträchtigen, so kann ein Wechsel des TKI erfolgen.

Für Folgebehandlungen stehen neuartige TKI zur Verfügung. Sie sind teils auch bei neu auftretenden Mutationen wirksam.

Eine allogene Stammzelltransplantation (Übertragung von Blutstammzellen eines anderen Spenders) ist prinzipiell durchführbar. Sie ist allerdings risikoreich und belastet den Körper in hohem Maße. Daher wird sie nur für sehr junge Patient*innen in Betracht gezogen oder wenn die CML trotz TKI beharrlich fortschreitet oder nicht gezielt behandelbare Mutationen auftreten. Entscheidend für den sicheren Einsatz ist, wie alt und fit die Patient*innen sind.

REGELMÄSSIGE KONTROLLEN SIND DAS A UND O

Während der Therapie wird mit regelmäßigen Bluttests und gegebenenfalls Knochenmarkuntersuchungen kontrolliert, ob die Therapie wirksam ist. So wird ein möglicher Rückfall rasch entdeckt und es kann darauf reagiert werden.

Im besten Fall normalisiert sich nach Therapiestart das Blutbild schnell und es sind nach einiger Zeit keine oder kaum noch BCR-ABL-Fusionsgene nachweisbar.

WAS KANN ICH SELBST TUN?

Sie können selbst sehr viel dazu beitragen, trotz der CML ein langes und gutes Leben zu führen:

  • Nehmen Sie Ihre Medikamente korrekt und ohne Unterbrechung ein. Das ist die wichtigste Maßnahme, um Resistenzen oder Rezidive zu verhindern.
  • Bei auftretenden Nebenwirkungen brechen Sie die Therapie bitte nicht selbstständig ab. Kontaktieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Ihre Ärztin. Dies ist wichtig, um eventuell nötige Therapieanpassungen zeitnah vorzunehmen.
  • Achten Sie auf Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln. Sprechen Sie darüber am besten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
  • Halten Sie sich fit und ernähren Sie sich gesund. Am besten verzichten Sie auch auf Nikotin und Alkohol.
  • Kümmern Sie sich auch um Ihr seelisches Wohl. Sie können sich beispielsweise eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe suchen. Oder nehmen Sie die psychoonkologischen Angebote im Rahmen Ihrer Krebstherapie wahr.

WO FINDE ICH WEITERE INFORMATION UND UNTERSTÜTZUNG?

Die Deutsche Leukämie- und Lymphomhilfe e.V. informiert über die CML und bietet Betroffenen Austauschmöglichkeiten an. Sie können hier auch nach Selbsthilfegruppen suchen.
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Auch das Kompetenznetz Leukämien hat wertvolle Informationen zur CML. Es listet zudem Studien und hilft bei der Kliniksuche.
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Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg stellt neben wertvollen Informationsbroschüren auch hilfreiche Kontaktdaten für alle Belange von Menschen mit Krebs zur Verfügung.
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Gemeinsam mit Patient*innen ist CML Life entstanden, eine informative Internetplattform, die das Leben rund um CML erleichtern möchte.
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REFERENZEN

DE/ICLG/NP/23/0003 | Erstellungsdatum 08/2023